Erfahrungen mit BlowOff Ventilen und des technischen Zusammenhanges

  • Hallo liebe Turbomotorfetischisten.


    Also ich finde es immer ganz praktisch wenn man sich technisch so gut wie möglich mit seinem Auto auskennt.
    Derzeit beschäftigt mich wieder so das Thema der Turbotechnik.
    Jetzt gibt es ja gespaltene Meinungen zu den sogenannten BlowOff Ventilen oder fachlich korrekt ausgedrückt: Schubumkehrventil


    Grundlegend macht die Funktion eines solchen Ventils ja durchaus Sinn.
    Aber jetzt erläutern einige dass es bei modernen Motoren eher schädlich sei weil die zurückgeführte Ladeluft in den Ansauktrakt ja schon gemessen wurde und somit verarbeitet werden soll, ansonsten stimmt das Benzinluftgemisch nicht mehr.
    Das macht in meinen Augen aber garkeinen Sinn weil in dem Moment der Gaswegnahme die Ladeluft doch auch ihren Druck verliert und der Lader langsam ausdreht bzw die luft ja nur durch die Runde schaufelt.
    Anzunehmen das diese ja schon gemessene Luft weiter verarbeitet werden soll, anstatt in die luft zu pusten, kann ich technisch nicht richtig nachvollziehen oder wird die nach den LMM in den Ansaugtrakt geleitet was ja noch viel weniger Sinn machen würde.....
    Ich hatte immer angenommen, dass die Luft vor den LMM geleitet wird, damit eine neue messung durch den LMM stattfinden kann.


    Wie seht ihr das?

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  • Unter einem Blow-off-Ventil versteht man für gewöhnlich die „offene“ Variante. Sprich die Ladeluft wird an die Atmosphäre abgegeben. Das Teil ist über eine Feder vorgespannt und wenn du voll im Boost stehst und vom Gas gehst steigt der Druck im Ansaugtrakt zwischen Lader und Drosselklappe stark an, die Federkraft wird überstiegen und der Druck einweicht nach außen.
    Von Werk aus wird heute wenn dann ein geschlossenes System verbaut. Für gewöhnlich als Schubumluftventil bezeichnet. Das ist im Prinzip das gleiche wie ein offenes Blow-off-Ventil, nur dass die überschüssige Ladeluft nicht an die Atmosphäre abgegeben wird, sondern über einen Schlauch/Rohr wieder in den Niedrig-Druck-Abschnitt vor dem Verdichter (aber nach LMM) zurückgeführt wird. Vorteil wie schon richtig erwähnt liegt hier dabei, dass dem Steuergerät die schon gezählte Luftmasse nicht unkontrolliert flöten geht. Der Zusammenhang, der dir in deiner Überlegung noch gefehlt hat und dich deswegen etwas verwundert hat, ist dass der auslaufende Verdichter auch weiter Luftmasse nachzieht, die weiter vom LMM gezählt wird. Das wird dann zum Problem sobald du wieder aufs Gas gehst, weil das Gemisch in dem Moment zu fett ist. Je nach Ladergröße und vorhergegangenem Lastzustand schon nicht unerheblich. Bei geschlossenem Schubumkehrsystem zieht der auslaufende Lader den überschüssigen, zurückgeführten Luftanteil dann eben nicht mehr durch den LMM und die Regelung kann den Lastwechsel besser realisieren.


    Die Schubumkehr bzw. auch die offene Blow-off-Variante gibt‘s grundsätzlich eigentlich nur, um dem Lader das Leben zu erleichtern und das Ansprechverhalten zu verbessern. Würde der überschüssige Druck nicht an die Atmosphäre abgegeben werden bzw. vor den Verdichter zurückgeführt werden, muss er ja trotzdem irgendwo hin. Und das ist dann eben rückwärts wieder raus. Dabei wird der Lader sehr stark abgebremst, während er die rückwärts austretende Luftmenge zerschneidet. Hört man am Stottern oder auch Zwitschern (alte Rallyewagen z.B. sehr schön. Subaru GC8 etc)


    Lautmalerische Einordnung:


    Blow-off: „brrrrrrrrrrf-tschhhh-brrrrrrf-tschhhh...“


    Kein Blow-off bzw. Schubumkehr: „brrrrrrrrrf-sstuuutuutu-brrrrrrrrrf-stuututu...“


    Bei sehr großen Ladern und entsprechend hohem Ladedruck lässt sich ein gewisses Stottern teilweise nicht vermeiden, da die Federvorspannung des Umluftventils entsprechend hoch sein muss, um den vollen Boost auszuhalten und erst beim Schließen der Drosselklappe zu öffenen. Entsprechend öffnets nicht wirklich wenn man bei nicht vollem (aber immernoch relativ hohem) Ladedruck vom Gas geht und du hast den schönen „stututu“-sound.


    Bei unseren kleinen Pusteblumen im Adam wird’s mangels Ladedruck und -Volumen aber nie diese wirklich beeindruckenden Soundkulissem geben.

  • okay sehr schön erklärt.
    Also verstehe ich das so, dass die Luft die durch das umkehrventil zurück geführt wird, nochmal durch den Lader läuft aber auch gleichzeitig den Luftstrom der zu diesem Zeitpunkt zb durch den Luftfilter fließt, kurzzeitig stoppen müsste, da ja erst einmal die expandierte Luft aus dem Ladedruckrohr/schlauch wegverarbeitet werden muss.
    Und wenn ich so drüber nachdenke, kann die ja eigentlich dann ja doch besser in die Atmosphäre und frische Luft aus der Ansaugleitung vorm Lader benutzt werden die ja eben weiter angesaugt wird solange der Lader dreht hmmmm.....


    Wo ist nun wieder mein Denkfehler?1


    Ah ich glaub nun habe ich es:


    Quasi nach dem "abblasen" dreht der Lader ja mit einer gewissen Geschwindigkeit weiter und fordert die dementprechende Luft an (die ja auch durch den LMM strömt wenn man ein offenes BlowOff hätte)
    Aber zum Teit des Auslaufens des Laders wir ja nicht die benötigte Spritmenge oder besser gesagt die passende Spritmenge eingespritzt. Er bekommt also zu viel "gemessene" Luft für eine gewisse Zeit.


    Kann das so sein?

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  • Ah ich glaub nun habe ich es:


    Quasi nach dem "abblasen" dreht der Lader ja mit einer gewissen Geschwindigkeit weiter und fordert die dementprechende Luft an (die ja auch durch den LMM strömt wenn man ein offenes BlowOff hätte)
    Aber zum Teit des Auslaufens des Laders wir ja nicht die benötigte Spritmenge oder besser gesagt die passende Spritmenge eingespritzt. Er bekommt also zu viel "gemessene" Luft für eine gewisse Zeit.


    Kann das so sein?

    Ganz genau so. Das meinte ich mit dem Problem beim wieder aufs Gas gehen. Das Steuergerät misst dir die Kraftstoffmenge entsprechend der Luftmenge bei. Wenn du zwischen LMM und Brennraum irgendwo unkontrolliert was rauspustest, weiß das Steuergerät das ja nicht. Das denkt da is ja noch recht viel Luft im System und haut entsprechend Sprit rein. Da die Luft nicht mehr da ist, wird‘s Gemisch zu fett.

  • ja sehr schön.
    Verstanden.


    Vielen lieben Dank.


    Wenn man sich also ein offenes BlowOff einbauen will, müsste man dem Steuergerät auch gleichzeitig sagen das der aufgenommene Messwert hinfällig ist und die messung neu beginnen muss oder aber man baut den LMM kurz vor die Drosselklappe was bei genauerer Überlegung ja auch wieder Quatsch ist, da der Strom ja der gleiche ist nur unter anderem Luftdruck. Das kann der LMM bestimmt nicht richtig ermitteln oder foch durch mitberücksichtigung des Ladedrucks?


    Oh man was man alles brücksichtigen müsste wenn es pfeifen soll :D

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  • Wenn man sich also ein offenes BlowOff einbauen will, [...]

    ... dann macht man das einfach und lebt damit, dass er sich ab und an kurz beim Lastwechsel verschluckt.


    Zu der Situation kommt's ja letztendlich nur, wenn du bei starker bis voller Last vom Gas gehst und danach wieder drauf. Wie oft fährst du denn Gas - Gas weg - Gas - Gas weg... ? Die andere Situation wäre Schaltvorgang. Da musst dann aber schon extrem durchruppen, damit du den Unterschied feststellst. Auch bei offenem Blow-off stimmt ja nur in dem Moment des "Off-Blowens" bzw. ne Sekunde oder so danach die tatsächliche nicht mit der erfassten Luftmenge überein. Wenn du normal schnell/langsam schaltest, hat sich das beim erneuten Gasgeben im nächsten Gang ja schon wieder so ziemlich ausgeglichen.
    Ebenfalls nachteilig beim Schaltvorgang wäre das eventuell etwas schlechtere Ansprechen des Laders, weil er die Luftmenge erstmal wieder durch den Filter nachziehen muss. Aber
    a) Wird beim Schalten eh das Wastegate aufgerissen und der Ladedruck beim/nach dem Einkuppeln sanft wieder aufgebaut, um Kupplung und Getriebe zu schonen
    b) Ist die entweichende Überdruckmenge im Vergleich zum Gesamtvolumen der Ladeluft, die da noch in den Schläuchen und im LLK rumgeistert bei unseren Motörchen eher gering. Das kompensiert sich durch die eh nicht ganz optimalen Strömungsverhältnisse wieder so halb.


    Bei größeren Ladern, Ladeluftmengen usw. oder/und schärferer Ladedruckregelung (Aufrechterhaltung des Plateaus auch während des Schaltvorgangs etc.) würde sich der Unterschied zwischen offenem und geschlossenen Schubumkehrsystem viel eher bzw. überhaupt erst bemerkbar machen. Bei unseren was... 1,9 - 2,2 bar (?) Absolutdruck (also um die 1bar Ladedruck) ist das eher Spielerei.


    Ich persönlich bin auch gar nicht so der Fan von Blow-off Sounds. Ich steh da eher auf mehr oder weniger offene Ansaugung und die volle Bandbreite der Ladergeräusche. Aber wie gesagt, bei unseren Motörchen mit ihren Ladeluftvolumen ist da Klangtechnisch nicht so viel rauszuholen.


    https://www.youtube.com/watch?v=m2xkcS3v9i8 :whistling:

  • Mir ging es eigentlich nur ums technische Verständnis.
    Man liest immer so viele unterschiedliche Theorien von leuten mit gefährlichem Halbwissen.

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  • Klasse erklärt :thumbup: .


    Solange z.B. mein STI Werksgarantie hat, lasse ich das mit nem BlowOff. Erstens illegal, zweitens ohne Mapping sinnlos; das geht aus Deinen Erläuterungen auch hervor. Und Mapping gibts frühestens nach der Wetksgarantie. ;)

  • Hallo liebe Community,


    hat den jemand schon welche gefunden oder gesehen wo es die Blowoff Ventile gibt?


    LG Adem